Der Gerichtshalter, der im Stillen den rechtlich denkenden Offizier zu allen Teufeln wünschte und zugleich Scheu trug, daß dieser ihm so unangenehm erscheinende Menschenfreund in seinem Rapport Dinge einfließen lassen könnte, die auf ihn, den Gerichtshalter, ein keineswegs vorteilhaftes Licht werfen mussten, fand es geraten, den Befehl zu geben, die alte Stülpner in Freiheit zu setzen, was auch sogleich geschah. Die
alte Frau war aber so schwach, daß man sie in ihr Häuschen tragen lassen mußte.
Im Dorfe gaben sich überall, wo sie nur vorbei kamen, Zeichen des Mitleids kund. In der Schänke saß eine junge hochschwangere Frau am Fenster und verhüllte bei dem Anblick der alten Stülpner, die man vorbeibrachte, ihre Augen, in lautes Schluchzen
ausbrechend.
„Marie,“ sagte der neben ihr stehende Schänker... „wenn Dein Mann diese Tränen sähe, er würde
wenig Freude haben.“
„Vater,“ entgegnete die junge Frau sich erhebend von ihrem Sitze... „ich schäme mich dieser Tränen nicht. Ihr seid sehr im Irrtum, wenn Ihr glaubt, mein Mann, der Peters, wisse nicht, wie sehr ich den Stülpner Karl geliebt habe. Das Bekenntnis war ich ihm schuldig und ich habe es ihm geleistet. Er ist ein rechtschaffener Mann, der wohl das Einsehen hat, daß ein Herz sich nicht zwingen lässt, wie ein Stück Eisen durch Feuer und Hammer. Und wenn mein Mann hier stünde, diese Tränen hätte ich nicht verborgen vor ihm. Ich liebe ihn nicht, aber ich achte ihn hoch.
Vater, an dem Sohne dieser alten Frau habt auch Ihr nicht gut
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