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     Das hohe Alter seiner Mutter und deren mit demselben natürlich verbundene Hinfälligkeit. Jetzt war er ihre Stütze, ihr Ernährer... wie hätte er sie in ihrer großen Hilflosigkeit verlassen, sie der Barmherzigkeit Fremder preisgeben können! Dies wäre nicht viel anders als ein Mord an ihr gewesen. Und dann hegte er eine besondere Zuneigung zu Röse Wolf. Das junge Mädchen hatte so viel Ähnliches im Charakter von seiner unvergesslichen Marie, daß er sich unwiderstehlich zu demselben gezogen fühlte, und von Seiten des hübschen Röschens war es recht sichtbar, daß auch sie ihm herzensgut war. Würde sie sonst seinetwegen die heftigen drohenden Vorwürfe ihres Vaters, der ganz außer sich geriet, als er hinter diese Liebschaft kam, erduldet haben? Er, der Richter von Scharfenstein, und seine Tochter die Geliebte eines Menschen, auf dessen Kopf ein Preis gesetzt war! Wenn es sich so ohne Weiteres hätte tun lassen, hätte Wolf, wie man zu sagen pflegt, mit Knütteln drein geschlagen, aber das ging nicht, der Mann hatte zu viel Respekt vor Stülpner, er fürchtete ihn. Es konnte fast keinen keckeren Menschen geben als diesen.

 

      Frank und frei spazierte er zuweilen durchs Dorf, von seinen beiden Fanghunden begleitet, kam dann und wann in die Schänke und unterhielt sich so gemütlich mit den Leuten, als hätte jeder andere, nur er nicht, Ursache, aus seiner Hut zu sein. Von Seiten der Scharfensteiner konnte Stülpner Karl auch ganz sicher sein vor Verrat, durch sie geschah ihm nichts Schlimmes. Im Stillen waren die Scharfensteiner stolz auf ihn, denn durch ihn hatte das Dorf in ganz Sachsen eine gewisse

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