017. Der wilde Jäger bei Neustadt. E-Mail

(Köhler, Volksbrauch ec. im Vogtlande, S. 509.)


Noch im vorigen Jahrhundert hatte der wilde Jäger sein Revier in der Gegend von Neustadt bei Falkenstein. Da zog er des Nachts in der Lust mit seinen Hunden oft über Neustadt hinweg und ließ sein „Hoho!“ hören. Einmal sah ein dortiger Bauer zum Fenster hinaus, als der wilde Jäger in der Lust hinzog, und er äffte das „Hoho!“ nach. Am nächsten Morgen fand der Bauer auf seinem Fensterstocke draußen einen toten, übelriechenden Hasen. Er verscharrte ihn in seinen Düngerhaufen, aber am nächsten Morgen lag er doch wieder auf demselben Fensterstocke. Er verscharrte ihn zum zweiten und dritten Male, aber der Hase lag am nächsten Morgen immer wieder auf dem alten Platze. Auf den Rat anderer Leute vergrub ihn der Bauer endlich unter gewissen Förmlichkeiten auf einem Kreuzwege, und der ihm vom wilden Jäger zugedachte Braten kam nimmer wieder.


Wir finden im Erzgebirge für die Züge des wilden Jägers oder Wotans sowohl die Bezeichnung „wilde Jagd“, als auch wütendes Heer.“ Unser Gebirge bildet die Grenzscheide zwischen Nord- und Süddeutschland, und daher vermengen sich hier beide Namen, von denen der eine (wilde Jagd) vorzugsweise Nord-, der andere (wütendes Heer) aber Süddeutschland angehört. Wotans ist übrigens in seinem Namen, welcher den „stürmisch Schreitenden“ bedeutet, mit dem Worte „Wut“ verwandt. Die Sagen von dem wilden Jäger lassen uns Umschreibungen von Naturvorgängen erkennen.

Der Sturmgott Wotan ist der Sturm selbst, sein Ross, Hut und wallender Mantel sind die Wolken, Wolken sind ursprünglich vielleicht auch die von ihm gejagten Frauen. (S. die Sagen von den Holzweibchen.)

Der Hase ist ein gespenstisches oder teuflisches Tier, in der Lausitz glaubt man, dass die Hexen zuweilen in der Gestalt von Hasen durch das Dorf laufen. Der Hase war den Asen geweiht. Das Hinwerfen eines Hasen durch den wilden Jäger hat also eine mythische Bedeutung, ebenso wenn anderwärts ähnliche Sagen erzählen, dass der wilde Jäger dem Rufenden ein Pferdeviertel zugeworfen habe. In letztgenannter

Überlieferung findet sich vielleicht eine Erinnerung an die alten heidnischen Opfermahlzeiten, bei denen das Pferdefleisch nicht fehlte.



 
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