(Gräße, Sagenschatz des K. Sachsen, No. 514.) Auf dem Schlosse Hartenstein, dem Stammschlosse der Schönburge, fand sich einst jeden Tag ein Schattenritter ein. Man nannte ihn Vollmer den Geisterkönig. Er hatte, man weiß nicht wie, die Liebe der schönen Kunigunde von Schönburg, als sie noch Kind war, gewonnen, und dieselbe hatte erklärt, ihn und keinen anderen wolle sie ehelichen. So ritt er denn jeden Tag auf unsichtbarem Rosse ins Burgtor ein, zog ersteres, ohne dass jemand es sah, - nur hören konnte man seinen Tritt, - in den Stall und stieg dann selbst unsichtbar, und nur am Schall seines Trittes kenntlich, die Schlosstreppe hinan. Dort kam ihm seine Braut entgegen, der reichte er seine Hand, - das war der einzige fühlbare Teil seines Körpers, weich und glatt aber eiskalt - und nun sprachen und koseten sie zusammen wie zwei Liebende es tun. Dann schritten sie in den Speisesaal, wo ihrer schon der Bruder des Fräuleins harrte, und alle drei setzten sich an Tische und aßen und tranken nach Herzenslust, die dem Schattenritter vorgelegten Speisen und der Wein in seinem Becher verschwanden, und doch sah niemand, wo es hinkam. Man hörte nur des Schattenbräutigams Stimme, und der Graf, dem früher vor seinem geisterhaften Schwager gegraut, fasste immer mehr Neigung zu ihm, denn er hatte an ihm einen steten treuen Berater und Warner bei bevorstehendem Unglück. Wenn das Mahl vorüber war, verließ der Graf die beiden Brautleute, und so saßen sie bis kurz vor ein Uhr, dann nahm der gespenstische Gast eilig Abschied, so trieb er es viele Jahre, da äußerte einmal das Fräulein, wie sie sich nach einem Kusse von seinem Munde sehne, und siehe, ihr geisterhafter Bräutigam antwortete. „Lebe wohl auf ewig, weil ich an Deine rein geistige Liebe glaubte, verließ ich mein himmlisches Reich, um bei dir zu sein, jetzt wo du an irdische Liebe denkst, ist mein Bleiben nicht mehr hier, du siehst mich nie wieder!“ Damit verschwand er und nie hat das Fräulein wieder seine Nähe empfunden.
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