154. Der Berggeist am Donat zu Freiberg. E-Mail

(Ziehnert, Sachsens Volkssagen, 4. Aufl. Anhang, No. 7.)


Auf dem Donat Spath im Bereiche der Elisabeth -Fundgrube zu Freiberg sieht man in der Nähe eines altes Schachtes den Namen „Hans“ in Stein gehauen, wahrscheinlich zum Andenken eines Verunglückten. Das Bergvolk aber erzählt davon folgende Sage:

Vor Zeiten arbeitete auf dem Donat auch ein Bergknecht Hans, welcher so arm war, dass er manchmal hätte verzweifeln mögen. Er weinte oft stundenlang in der Grube und eines Tages, als er sich keinen Rat mehr wusste, brach er in laute Klagen aus. Da zerteilte sich der Felsen und aus dem steinernen Tore trat ein kleines Männchen hervor. Das war der Berggeist, der sagte: „Armer Hans, ich will dir helfen, aber du musst mir jede Schicht dafür ein Pfennigbrot und ein Pfenniglicht geben und ewiges Schweigen geloben!“

Hans, welcher sich bald von seinem Schrecken erholt hatte, versprach alles mit Freuden. Darauf verschwand der Berggeist wieder und ließ ihm des Silbers in Menge zurück. Nun war Hans ein gemachter Mann, der schon ein paar Groschen aufgehen lassen konnte. Niemand konnte begreifen, woher er das Geld habe, und er nahm sich wohl in acht, davon zu plaudern. Aber da kam das Stollnbier, wo das Bergvolk sich der Freude hinzugeben pflegt. Hans war diesmal vorzüglich auf dem Zeuge und sprach dem Glase wacker zu. Bald war er berauscht und konnte in der Lust des Herzens das Geheimnis nicht länger verschweigen. Als aber am andern Tage sein Taumel verflogen war und die Freunde ihm erzählten, was er geplaudert habe, da erschrak er und fuhr mit Zittern und Zagen an. Sein Geschäft war, den Knechten, welche am Haspel standen, das Zeichen zu geben. Diese warteten lange vergeblich, er gab kein Zeichen, sie riefen ihn, er antwortete nicht. Da plötzlich zuckte es rasch am Seile und ein helles Licht erglänzte in der Teufe. Die Haspelknechte wussten nicht, was das zu bedeuten habe, drehten aber den Rundbaum mit Eile banger Erwartung, und bald war der Kübel zu Tage gefördert. Rings um den Rand desselben brannten Pfenniglichte, und drinnen lag der arme Hans tot, mit blauem Antlitz, wie ein Erdrosselter, und auf ihm das letzte Pfennigbrot. Der grausame Berggeist hatte ihn umgebracht.



 
< zurück   weiter >