(Ed. Wenisch, Sagen aus dem Joachimsthaler Bezirke. 1882, S. 1. ec.) Vor langen Jahren lebte in Joachimsthal ein erfahrener, aber armer Bergmann, namens Christoph Wattmer, der sich und seine zahlreiche Familie, so gut es eben ging, durch seiner Hände Fleiß redlich ernährte. War auch oft in seiner Hütte Schmalhans Küchenmeister, so bewahrte sich doch Wattmer stets einen heiteren, zufriedenen Sinn, um den ihn seine Kameraden nicht selten beneideten. Einmal hatte er aber in der Nacht einen bösen Traum, der ihn recht traurig stimmte, da er ein großes Unglück befürchtete. Deswegen wäre er gern von der kommenden Morgenschicht weggeblieben, allein er musste seiner Pflicht folgen. Mit sorgenschwerem Herzen machte sich also Wattmer beim Tagesanbruch auf den Weg zum Grubenhause, verrichtete daselbst sein Gebet und mit dem üblichen „Glück auf!“ Fuhr er im Namen Gottes in den tiefen Schacht. Als er vor Ort war, arbeitete er fleißig und unverdrossen, bis er plötzlich in der Nähe ein Klopfen und Hämmern, ein Ächzen und Stöhnen vernahm, das ihn nichts Gutes erwarten ließ. Wie er nun in Gedanken versunken dastand, sah er einen großen, dicken Mann im schmierigen, erdfahlen Grubenkittel auf sich zuschreiten. Er hatte einen großen runden Hut auf dem Kopfe, Schlägel und Eisen im breiten Gürtel, in der rechten Hand aber trug er ein Grubenlicht, das die ganze Strecke taghell erleuchtete. Je näher die unheimliche Gestalt kam, desto enger schnürten Furcht und Grausen des Bergmanns Brust zusammen. „Fürchte dich nicht,“ redete der Berggeist den zitternden Bergmann an, „ich will dir kein Leid zufügen, denn du bist mir gerade willkommen. Sorge täglich für eine Pfennigsemmel, es soll nicht Dein Schaden sein!“ Der Bergmann tat, wie ihm befohlen ward, und brachte dem Berggeiste jede Schicht eine Pfennigsemmel. Darüber erfreut, sprach der Berggeist eines Morgens zu Wattmer: „Da du bisher meinen Wunsch erfüllet hast, will ich dich zum reichen Manne machen.“ Nach diesen Worten schlug er an die Wand und sofort öffnete sich eine Strecke voll Silbererzes. „Melde den Anbruch“, fügte er hinzu, „Deinen Vorgesetzten, doch sage niemandem, dass ich mit dir im Verkehre stehe, sonst bist du unrettbar verloren!“ Der Bergmann versprach Stillschweigen, schied mit dankerfülltem Herzen von seinem Gönner und fuhr vergnügt zu Tage. Er eilte alsdann zum Berghauptmann und hinterbrachte ihm die Nachricht von dem reichen Silberanbruche. Wie ein Lauffeuer ging diese Kunde von Mund zu Mund und Freude strahlte auf allen Gesichtern. Die gesamte Bergknappschaft veranstaltete nun zu Ehren des wackern Christoph Wattmer ein glänzendes Mahl, bei welchem er obenan saß. Als die Teilnehmer des Freudenfestes im Saale schmausten, zechten und sich lustig machten, bestürmten sie unablässig Wattmer, er möge ihnen doch endlich über das unerwartete Auffinden des Anbruches näheren Aufschluss geben. Die Aussage, die derselbe machte, genügte den neugierigen Kameraden, welche den Zusammenhang der Sachlage ahnen mochten, noch lange nicht, sie wollten mehr erfahren. Ihrem Drängen gab endlich der unbesonnene Wattmer nach und erzählte mit beklommenem Herzen die ganze Begebenheit, dafür aber sollte er schwer büßen. Als er nämlich am folgenden Tage mit Zittern und Zagen anfuhr, erwartete ihn schon mit geballter Faust der ergrimmte Berggeist, der ihm mit donnernder Stimme zurief: „Heißt das, armseliger Erdenwurm, mir, dem Herrn über alle Gebirge dieser Gegend, Wort gehalten?“ Dann ergriff er Wattmer und schleuderte ihn unbarmherzig in den Schacht hinunter, wo er zerschmettert tot liegen blieb.
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