172. Der Gevattersmann vom Greifenstein. E-Mail

(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Anhang, No. 40. Dietrich und Textor, die romantischen Sagen des Erzgebirges. 1. 1822, S. 150. ec. Gießler, Sächs. Volkssagen. Stolpen (o. I.) S. 107.)


Vor langer Zeit lebte in Geyer ein armer Häuer, mit Namen Hans Geißler, der war blutarm und hatte ein schwangeres Weib und viele Kinder und wusste sich oftmals keinen Bissen Brot zu verdienen. Am größten aber war seine Not am Sylvesterabende, als die Niederkunft seines Weibes auf wenig Stunden nahe war und er weder eine warme Stube, noch sonst eine Erquickung, ja nicht einmal eine Wehmutter für sie hatte. Er eilte hinaus, eine erfahrene Muhme aus Günsdorf zu holen, verirrte sich aber bei dem grässlichen Schneegestöber von dem Wege und kam, durch tiefe Wehen sich mühsam durcharbeitend, zuletzt an die Felsenschichten des Greifensteines. Erschrocken wollte er umkehren, als der Berggeist ihm erschien und mit freundlichem Blick ihn also ansprach: „Eile, glücklicher Vater! Gott hat Dein Weib mit drei holden Knäblein gesegnet! Wenn du nichts dawider hast, will ich Dein Gevatter sein!“ Da verließ Hansen die Furcht und er antwortete: .In Gottes Namen magst du mein Gevatter sein, aber wie tue ich dir die Stunde der Taufweihe kund?“ Wie nun der Berggeist lächelnd sagte, dass er ohnedem kommen würde zur rechten Zeit, da verließ sich Hans darauf und eilte heim. Sein Weib hatte ihm drei holde Knäblein geboren. Am andern Tage, als alles zur Taufe bereitet war, da ließ auch der Gevattersmann vom Greifenstein nicht auf sich warten. Er erschien in Häuerkleidung und übte das fromme Werk mit inniger Andacht, als die heilige Handlung vorüber war, da schenkte er Hansen einen Schlägel und ein Eisen und sprach: „Lieber Gevatter, bete und arbeite! Wo du mit diesem Gezäh einschlägst, da wirst du reiche Ausbeute finden, und dann denke allemal an Gott und Deinen Gevattersmann.“

Darauf verschwand er, seine Worte aber trafen ein. Hans ward ein reicher Mann und soll die Siebenhöfe bei Geyer gebaut haben.



 
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