(Ed. Wenisch in der Erzgebirgs-Zeitung, 2. Jahrg., S. 5.) Hinter dem Dörfchen Aich erhebt sich dicht am linken Ufer der Eger eine Felsengruppe, welche den Namen Hans-Heiling-Felsen führt. Über dies Steingebilde meldet die Sage folgendes:
Vor alten Zeiten, als noch die mächtigen Markgrafen von Vohburg Schloss und Gebiet Elbogen beherrschten, fand ein armer Bauer, der auf das Schloss Frondienste zu leisten ging, dort, wo der Hochaltar der Schlaggenwalder Kirche steht, zwischen zwei großen Steinen ein verlassenes weinendes Knäblein. Andere sagen, am Berge Krudum sei dies gewesen, wieder andere, bei den drei Linden, dem heutigen Schönfeld. Von Mitleid ergriffen, hob er es auf und trug es mit sich. Im Schlosse angekommen, begab sich der Bauer sofort zu der Markgräfin Johanna und sprach: „Es ist pflichtiger Gebrauch, beim Erscheinen auf dem Schlosse eine Gabe mitzubringen. Ich habe heute, als ich eben zur Frone hierher ging, dies Kindlein gefunden und biete es euch als Gabe dar. Möchtet Ihr doch, gnädige Herrin, an dem armen, hilfsbedürftigen Waislein Barmherzigkeit üben und sein besser pflegen als die eigene Mutter!“ Die Worte des biederen Mannes erweichten der Markgräfin Herz. Sie nahm sich des Knäbleins an, das auf ihr Verlangen in der Taufe den Namen Hans, nach seinem Finder aber den Zunamen Heiling erhielt. Hans Heiling wuchs unter dem liebreichen Schutze der Markgräfin zum blühenden Jüngling heran, der an den Wissenschaften, in die ihn der Burgkaplan einweihte, mehr Gefallen fand, als an den Ritterspielen. Er liebte die Einsamkeit, durchstreifte Wald und Flur und beschäftigte sich unablässig mit dem Gedanken, den Urgrund aller Wahrheit zu erforschen. Als er einmal am Ufer der rauschenden Eger saß und gedankenvoll nach dem Wasserspiegel schaute, tauchte aus demselben eine holde Nixe empor, die mit lieblicher, wunderbarer Stimme dem Überraschten zurief: „Ich kenne, wissbegieriger Jüngling, Deines Herzens tiefen Kummer, die schwarze Kunst ist Dein Begehr. Diese will ich dir lehren, doch nur unter der Bedingung, dass du dich nie vermählst.“ Hans Heiling, bezaubert durch die vielversprechenden Worte, strahlte vor Freude, dass er nach langem, erfolglosen Forschen endlich sein so heiß ersehntes Ziel erreichen könne, und schloss mit der Wassernixe unbesonnen den Bund. Die Nixe hielt Wort und Hans Heiling wähnte sich der Glücklichste unter der Sonne zu sein, als er des Wissens Drang erfüllt sah. Seit der Begegnung mit der Nixe war manches Jahr verflossen. Da fasste Hans Heiling mit Hintenansetzen seines gegebenen Versprechens den Entschluss, sich zu vermählen, denn er hoffte, selbst auf seine Kunst vertrauend, die Macht des geheimnisvollen Wasserweibes zu hemmen. Unbesorgt veranstaltete er also die Hochzeit. Der Tag der Trauung war erschienen und die Hochzeitsgäste hatten sich in den Räumen des Schlosses versammelt. Schon stand der Brautzug vor dem Traualtare, eben wollte das glückliche Paar das Jawort aussprechen - da stieg plötzlich mit furchtbaren Blicken die erzürnte Nixe aus den tobenden Wellen der Eger, ließ unter Blitz und Donner das Schloss verschwinden und verwandelte durch ihren Fluch die ganze Hochzeitsgesellschaft in Stein: das Brautpaar, den Mönch, die Gäste und die Musikanten. Friedrich Bernau bemerkt in der Comotovia (4. Jahrg. S. 17), dass die Sage vom Hans Heiling zur Faustsage gehöre und jedenfalls durch diese erst hervorgerufen worden sei. Der in unserer Sage angeführte Berg Krudum, südlich von Elbogen gelegen, ist ebenso wie der Heilingsfels und die Stätte, wo einst Alt-Ellbogen lag, von mythischer Bedeutung. Ursprünglich ist Hans Heiling die „heilige Wiese“, im Archive zu Elbogen befindet sich ein aus der ersten Hälfte des 16. Jahrhundert herrührendes Schriftstück, welches besagt. „Dass wißmuth So zum Stein Elpogen gehörig, vff der Heiling wissen 2 tagwergk Machen und haven die lethaditzer giebt 2 Fuder hew.“ Noch im Jahre 1680 wird eine „heilige Wiese“ genannt, der Zusatz „Hans“ kommt zu dieser Zeit noch nicht vor, ebenso wie noch heute die Redeweise „Am Heiling“ die allgemein übliche und gebräuchliche ist. Die in der obigen Elbogener Urkunde genannten „Jathaditzer“ sind die Bewohner eines seit dem dreißigjährigen Kriege verschwundenen Dorfes aus dem Nordabhange des Aberges. |