226. Die Staatslaterne bei Geyer. E-Mail


(Andrä, Chron. Nachrichten von Annaberg. 1837, S. 77. Gräße, Sagenschatz d. K. S., No. 491. Grimm, das sächs. Erzgebirge, 1847, Seite 253.)


Nordöstlich von Geyer gegen den Greifenstein hin zeigt sich an Herbstabenden eine merkwürdige Lufterscheinung oder ein rötlich leuchtendes, beinahe 7 Ellen hohes Irrlicht, das, sobald es sich zu bewegen anfängt, immer kleiner wird, bis es endlich gar verschwindet, in der dortigen Gegend aber die Staatslaterne von Geyer genannt wird.


Sagen von Irrlichtern sind ungemein zahlreich, dabei erscheinen die Irrlichter entweder als selbständige Flammen, oder sie fließen mit der Vorstellung von feurigen Männern zusammen. Eine Laterne wandelt des Nachts zwischen dem Pfaffenholze und Martinsrieth bei Sangerhausen, desgleichen im Loh, einem Hölzchen bei Buttstädt, beide Laternen werden von einer Hand gehalten, ohne dass man sonst jemanden sieht. (Witzschel, Sagen aus Thüringen, No. 267 und 303.) Im Vogtlande will man dagegen bemerkt haben, dass jedes Irrlicht den Kopf zu einer dunkeln, gewöhnlich nicht sichtbaren Gestalt bilde. Hier nähert es sich dem feurigen Manne. Als wirklicher feuriger Mann, also offenbar als Kobold, erscheint es aus einer sumpfigen Strecke bei Loitzsch. An einem andern Orte tanzen die Nixe mit Irrlichtern. (Eifel, Sagen aus dem Vogtlande No. 449, 159 und 60.) In dem Volksglauben gelten die Irrlichter vielfach als die Seelen ungetauft verstorbener Kinder, die beiden Irrlichter in Holzzelle im Mansfeldischen sind dagegen die Seelen eines Mönchs und einer Nonne (Größler a. a. O. No. 49.) Das Licht ist ein Symbol für den Geist des

Verstorbenen, darum erscheinen die Seelen als Lichter. Haupt weist dabei (Sagenbuch ec. No. 57.) aus den Gebrauch in der Lausitz hin, dass man zwei Lichter an zündet, wenn Brautleute bei Tische sitzen, wessen Licht zuerst verlischt, der stirbt zuerst. Eine ähnliche Bedeutung haben auch die Lichter, welche man im Erzgebirge wie anderwärts am Andreasabende oder zu Sylvester in Nussschalen aus einem Becken mit Wasser schwimmen lässt, um daraus die Zukunft der betreffenden Personen zu erfahren. In dem Märchen vom Gevatter Tod (Br. Grimm, Kinder- und Hausmärchen,

1. B. No. 44) zeigt letzterer seinem Paten in einer unterirdischen Höhle die Lebenslichter der Menschen, und vielleicht ist auch auf die gleiche Vorstellung der Gebrauch zurückzuführen, dass man in katholischen Ländern bei Begräbnissen dem Sarge brennende Lichter voranträgt, oder am Vorabende des Allerseelenfestes Wachslichtchen anzündet.



 
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