232. Das gespenstische Kalb auf dem Frauenmarkte in Schneeberg. |
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(Mündlich.) Drei Bürger in Schneeberg kamen einmal des Nachts in der zwölften Stunde aus dem Wirtshause. Als sie an den Frauenmarkt gelangten, trennten sich zwei von ihnen und der dritte ging allein über den genannten Markt. Auf einmal sprang ihm daselbst ein Kalb auf den Rücken und legte die beiden Vorderbeine fest auf seine Schultern, so musste es der Mann bis an sein Haus tragen. Dort verschwand es, als die Frau ihrem Manne die Tür aufmachte. Die Frau verwunderte sich, dass ihr Mann so bleich und erschrocken aussah und fragte ihn nach der Ursache, doch er wollte ihr unter 9 Tagen nichts erzählen. Da drang seine Frau noch mehr in ihn, bis er ihr endlich das Begebnis erzählte und ihr zugleich die Spuren auf seinen Achseln zeigte, welche das gespenstische Kalb mit seinen Pfoten darauf zurückgelassen hatte. Das war sein Unglück, denn man soll von derartigen Erlebnissen, wenn sie nicht dem Betreffenden Verderben bringen sollen, unter 9 Tagen nichts erzählen. Der Mann starb auch noch innerhalb dieser Zeit.
Betreffs der dämonischen Natur des Kalbes s. die Einleitung. Auch nach einer wendischen Sage musste ein Bauer vom Koselbruch in der Lausitz ein Kalb ohne Kopf, das sich ihm aus den Rücken wälzte, bis in sein Dorf tragen. (Veckenstedt, a. a. O“ S. 41l.) |