(Ed. Haller, Kurzgefaßte Volkssagen über den Mückenberg. Mückenberg, 1880. Grohmann, Sagenbuch aus Böhmen, S. 246. Karl Müller, die Natur, 1882, No. 24.) I. Der Volkssage nach soll im 9ten Jahrhundert auf dem Mückenberge bei Graupen, dort, wo sich jetzt bei der Restauration die Pinge befindet, eine Art Turm von Zinngraupen zu Tage gestanden und durch den Schein der Sonne sowohl wie des Mondes einen solchen Glanz verbreitet haben, dass die Ritter der Festen Geiersburg und Lauenstein, welche in jener Zeit diese Gegend allein beherrschten, bei ihrem gegenseitigen Verkehre, welcher meistens auf der Strecke zwischen dem jetzt dort befindlichen sogenannten „Goldammer- und „Schänkerkreuz“ nächst dem Kesselgrund stattfand, diesem Berge mit seinem Zinngraupenturme auswichen, weil dieselben den weithinsichtbaren Schein als einen Spuk ansahen, daher der Berg „Spukberg“ oder „Muckberg“, woraus später „Mückenberg“ ward, genannt wurde. - Auf derselben Stelle am Mückenberg, wo gegenwärtig das St. Wolfgangs-Kirchlein steht, hatte um jene Zeit ein Einsiedler, mit Namen Wolfgang, seine Klause aufgeschlagen, und bei einem Fehdezug der alten Ritter hatten sich in einer sehr finsteren und furchtbar stürmischen Nacht zwei Knappen in der Richtung von der Geiersburg bis zu der Klause verirrt und waren ob des schlechten Wetters, der dabei ausgestandenen Lebensgefahr und des immerwährenden Spukes so erzürnt, dass sie den alten Einsiedler verdächtigten und ihm als alleinigen Bewohner des Berges alles Unangenehme und Überstandene sowie auch den Spuk zur Last legten. Sie erfassten endlich den ehrwürdigen Greis, banden ihn und drohten mit Todesqualen, wenn er nicht ein aufrichtiges und reumütiges Geständnis über den teuflischen Spuk und das höllische Wetter, woran er nur allein Schuld sein könne, ablege. Der fromme Einsiedler fiel vor Schreck auf die Knie und bat bei Gott und allen Heiligen, man möchte ihm nur bis Tagesanbruch Lebensfrist gewähren, dann würden ihre Herren Ritter die reichsten Menschen auf Erden sein. Als dies die Knappen hörten, versprachen sie die Bitte zu gewähren. Da nun der Tag graute, war in der Natur Stille eingetreten, kein Lüftchen regte sich, die Lerchen erhoben sich zum Gesange und der alte Einsiedler Wolfgang führte die beiden Knappen den Hügel empor, wo jetzt die Restauration Mückenturm steht, zeigte mit seiner Rechten gegen Osten und siehe da - majestätisch ging die Sonne auf, sodass die Knappen wie versteinert dastanden. Sodann sprach der Einsiedler mit feierlicher Stimme: „Sehet ihr Rittersknappen! Derjenige Gott, der jetzt die Sonne aufgehen lässt, welche ihre wunderbaren Strahlen auf diesen Zinnturm wirft und immer den Glanz und Schein verbreitet, vor dem ihr euch fürchtet, der lässt auch finstere Nächte, große Stürme und Regen werden, darum gehet hin zu euren Rittern und verkündet ihnen, dass dies kein Spuk, sondern ein mir bekanntes, gewinnreiches Erz ist und dass ich die nächtigen Unbillen von euch unschuldig ertragen musste, euch aber doch verziehen sei!“ Hierauf verließen die beiden Knappen erstaunt und vergnügt über die Schönheit des Sonnenaufganges, aber mehr noch über die glänzenden Zinngraupen, den Muckberg und begaben sich durch den Kesselgrund nach der Geiersburg, wo sie alles verkündeten, was sie erlebt und gesehen hatten. Von dieser Zeit an wurde der Einsiedler oft von den Rittern der Geiersburg und Lauenstein besucht, die auch angefangen haben sollen, daselbst die Zinngraupen zu brechen.
II. In der Nähe von Teplitz hauste einst ein gottvergessener Räuber, dessen weittragendes Gewehr alle Hühner und Gänse in der Nachbarschaft erlegte. Obendrein stahl er den Leuten ihre Haustiere. Mit dem Raube eilte er immer auf den Berg, und so rasch, dass ihn der schnellste und gewandeste Mann nicht einzuholen vermochte. Einst hatte der Bösewicht auch einer armen, alten Frau ihre Kuh gestohlen. Das Mütterchen aber, froh des Besitzes einer Wünschelrute, schwang diese, sobald sie den Raub entdeckt, und rief im höchsten Ingrimme die Worte aus: „Du sollst zerstochen sein, bevor du den Gipfel des Berges erreichst!“ Diese Verwünschung ging sofort in Erfüllung. Ein ungeheurer Mückenschwarm tauchte auf und zerstach den Jägersmann, bis er entseelt am Boden lag. An der Stelle, wo ihn die Strafe für seine Untaten ereilte, errichtete man später ein Denkmal, das als Mückentürmchen noch heute ein beliebter Ort für die Ausflüge der Badegäste von Teplitz ist. Die wunderbaren Angaben einzelner Sagen lassen sich aus wirkliche Naturerscheinungen zurückführen. Der Turm von Zinngraupen, welcher sich an der Stelle der jetzigen Pinge bei der Restauration erhob, ist z. B. eine Erinnerung an den großen Reichtum genannten Erzes, dessen auch Albinus mit den Worten gedenkt: Der Mückenberg ist vor Zeiten berufen gewesen, zu unsern Zeiten hat ein Zinngraup allda so groß als ein Menschenhaupt gebrochen. (Meißnische Bergk-Chronika. 1590. S. 131.) Ebenso mag die zweite Sage aus einer Tatsache beruhen. Ungeheure Mückenschwärme sind gewiss dann und wann im Erzgebirge ausgetreten, so schreibt Lehmann in seinem Hist. Schauplatz (S. 646), dass am 1. Mai 1648 aus dem Markte zu Scheibenberg ein großes Heer seltsamer Mücken eingefallen sei und an den Häusern eine halbe Stunde geruht habe, um daraus seinen Flug nach dem böhmischen Walde fortzusetzen. |