691. Der Hauptaltar in der Kirche zu Annaberg. E-Mail

(Ziehnert, Sachsens Volkssagen. Anhang. No. 23.)


Der Hauptaltar in der Annaberger Kirche besteht aus lauter italienischem und griechischem Marmor und ist von Meister Adolf in Augsburg verfertigt worden. Man erzählt davon folgende Sage:

Ulrich Mengemeyer, ein reicher Bürger zu Augsburg, hatte sich mit Andreas Tuchern, einem böswilligen Ratsherrn, verfeindet, und ward durch dessen heimtückische Nachstellung bewogen, seine Vaterstadt zu verlassen. Er wandte sich nach Annaberg, wo er schon seit längerer Zeit viele Kuxe an sehr gesegneten Fundgruben hatte, und ward Bürger daselbst, in der Meinung, vor Tuchers Verfolgungen nunmehr sicher zu sein. Aber er irrte. Am Freitag vor Pfingsten 1514 ward er auf dem Wege zu seinem Freunde, dem Guardian des Franziskanerklosters, von zwei Meuchelmördern überfallen und erstochen. Die Mörder flohen zum Frohnauer Tore hinaus nach dem Schreckenberge hin. Der eine aber, Wilwald Dyrmann, den sein wüstes Aussehen und das Blut an den Händen verriet, wurde im Thale von einem Bergmann festgehalten und nach der Stadt zurückgebracht, der andere, Hansel Unger, ward auch bald nachher in Pirna eingefangen und in Ketten nach Annaberg geführt. Im Verhöre sagte Dyrmann aus, Andreas Tucher habe ihn durch seinen Vetter, Philipp Weisenburgern, einen armen Edelmann im Dienste der Stadt Augsburg, zu diesem Meuchelmorde für 400 fl. dingen lassen. Deshalb ward sogleich an den Augsburger Rat geschickt und Weisenburgers und Tuchers Auslieferung gefordert. Aber Weisenburger nahm die Sache allein auf sich und schrieb an den Rat zu Annaberg, er habe gute Sache an Mengemeyern gehabt und allein, ohne Tuchers Geheiß, Dyrmann zu dieser Tat bewogen, darum möchten sie dem das Leben schenken. Zugleich war Weisenburger aus Augsburg entwichen. Tucher schickte einen Sachwalter nach Annaberg, der ihn vollends rechtfertigte. Dyrmann und Unger aber wurden am Freitag nach St. Anna 1511 durch das Rad hingerichtet. So war die Sache mit dem Rate zu Annaberg beigelegt. Herzog Georg von Sachsen aber ließ es nicht dabei bewenden, sondern verklagte die Reichsstadt Augsburg beim Kaiser, und obgleich der Augsburger Rat sich vielfach entschuldigte, so ward doch auf dem Reichstage dahin entschieden, dass die Stadt Augsburg wegen verletzten Gottesfriedens der Hauptkirche zu Annaberg einen marmornen Altar verehren solle. Und dies geschah auch.

So erzählt die Sage. Geschichtlich glaubwürdige Nachrichten aber sagen, dieser Altar sei von den Annabergern, welche sich damals des reichsten Bergsegens erfreuten, mit 2551 fl. bezahlt worden, und Herzog Georg der Bärtige habe selbst 1000 fl. von seinem Grubenanteil abgegeben.



 
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