(Nach Ziehnerts poetischer Bearbeitung bei Gräße, Sagenschatz d. K. Sachsen, No. 607.) In Zwickau, am rechten Ufer der Mulde, an der Straße, die von der Stadt nach Chemnitz führt, befindet sich noch heute ein Gasthof, zum Paradies genannt, der ehedem aber das Ochsenhaus oder der Ratsweinkeller hieß und seinen jetzigen Namen von seiner schönen Lage erhalten haben soll. Nach einer Sage rührt derselbe aber von folgender, freilich unverbürgter Begebenheit her: Als Luther einst zu Zwickau war und seine Predigten einen solchen Eindruck auf das Volk machten, das dasselbe das Kloster oder den Grünhainer Hof stürmte, lockten die erbitterten Mönche Luthern eines Abends zu einem angeblichen Kranken in eine entlegene Straße, um ihn zu ermorden. Sie sendeten nämlich ein Weib in Luthers Haus, welches daselbst weinend aussagte, ihr Mann sei zum Tode krank und verlange vor seinem Ende noch einmal den frommen Herrn zu sehen. Auf solche Bitten ging Luther mit ihr und sie führte ihn durchs Tränktor. Plötzlich öffnete sich ein Haus, das Weib entsprang und aus dem Hause stürzte voller Wut der Mönche Tross. Jedoch gelang es dem großen Reformator, sich ihren Händen zu entreißen und in ein offenstehendes Haus zu flüchten, dessen Tor er eilig durch den vorgeschobenen Riegel verschloss. Da zogen sich die Mönche still zurück, Luther aber sprach mit freudigem Blicke zum Wirte des Hauses, der ihn nach dem Grunde seiner Flucht fragte: „Die Kuttenträger lechzten lange nach meinem Blute, aber Gott sei Dank, der mich dieses Haus in meiner Bedrängnis finden ließ, dasselbe ist mir zum wahren Paradiese geworden!“ Der Wirt gab ihm darauf zwei Knechte mit, die ihn sicher nach seiner Wohnung geleiteten. Das Haus, in welchem Luther damals Schutz fand, wird aber noch heute das Paradies genannt.
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