780. Das Geschwistergrab in der Kirche zu Annaberg. |
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(Ziehnert a. a. O. Anhang No. 25.) Am 27. April 1604 brach in Annaberg eine Feuersbrunst aus, welche, vom Sturme rasch verbreitet, die Stadt bis auf sieben Hauser verzehrte. Nun wohnte aber am Markte in dem Hause, welches jetzt das Museum heißt, ein Geschwisterpaar, Johann und Benigna Biener. Der Bruder krankte seit längerer Zeit am grässlichsten Wahnsinn, so dass er mit Ketten an die Wand gefesselt werden musste. Als nun der Markt bereits in vollen Flammen stand, da suchte Benigna in Todesangst nach dem Schlüssel, um ihrem Bruder die Ketten abzunehmen und ihn fortzuführen, aber der Schlüssel war nicht zu finden, sie suchte die Ketten zu zerschlagen, aber das Eisen trotzte der schwachen Mädchenhand. Schon schlug die Lohe zu den Fenstern und der Türe herein, die treue Benigna ließ nicht von ihrem Bruder. Die Decke brach nieder und unter dem nachstürzenden Schutt und Gebälke lagen die beiden Geschwister begraben. Am dritten Tage darauf zog man ihre verschrumpften und halbverbrannten Leichen unter den Trümmern hervor. Sie hielten sich noch fest umarmt, wie der schreckliche Tod sie übereilt hatte. War vielleicht dem Wahnsinnigen durch die Todesangst ein lichter Augenblick gekommen?
Am 13. Mai wurden die beiden Leichen in der ebenfalls ausgebrannten Annenkirche unter großem Zulauf beerdigt. Ihr gemeinsames Grab zeigt man noch jetzt. |